Frauenportrait von
Mägi Kunz

Franziska Bründler

Eine andauernde Freundschaft.

Franziska Bründler

© Franziska Bründler, fideadesign.com

Franziska Bründler ist Gründerin und Inhaberin des Labels Fidea Design, unter dem sie Designprodukte entwickelt, produziert und vertreibt. Fidea Design umfasst ein siebenköpfiges Team und ist mit rund 300 Produkten in mehr als 400 Fachgeschäften vertreten. Es arbeitet hauptsächlich mit Schweizer Institutionen und Designern zusammen. Nebst Fidea Design ist Franziska die Macherinnen hinter der Messe DesignSchenken, welche jeweils am ersten Dezemberwochenende in Luzern stattfindet. Darüber hinaus arbeitet sie als Beraterin im Bereich Retail, Marketing und Design. Studiert hat sie Publizistik und Betriebswirtschaft an den Universitäten Zürich und Florenz.

Als ich noch Volleyball beim BTV Luzern spielte war Franziska ein kleiner Fan von mir und sie besuchte oft unsere Volleyballspiele in der Bahnhofhalle Luzern. Später dann war ich ihre Volleyballtrainerin und es entwickelte sich eine schöne und bis heute andauernde Freundschaft. Irgendwann wechselten wir die Seiten und heute bin ich ein grosser Fan und eine Bewunderin von Franziska. Nicht von ungefähr hat sie bei uns in Gstaad den Namen «Turbo-Fränzi» erhalten, nachdem sie als Praktikantin und noch viele Jahre danach für das Beach Volleyball Turnier gearbeitet hat. Für mich ist Franziska ein Stehaufmännchen, eine Macherin, eine Frau mit riesengrossem Herz und Charisma und eine Person, die nach dem Motto «never give up» lebt. Ihre Geschichte begann vor gut 13 Jahren mit einem kleinen magnetischen Kerzenhalter, der ihr Leben nachhaltig veränderte, so wie sie sich das nie hätte vorstellen können. Am besten aber lasse ich Franziska gleich selber ihre Geschichte erzählen:

Von Geburten und Geburtshelfern

Es klingt schon fast wie ein Märchen: Es war einmal ein magnetischer Kerzenhalter - der MonoLux. Dieser wurde von der Familie Springer entwickelt und vertrieben. Zwei Jahre haben sie dies gemacht und sich dann entschieden, dass dies eine tolle Erfahrung war, sie selbst aber kein Label aufbauen möchten. So haben sie die restlichen Kerzenhalter an den Sibler in Zürich verkauft, welcher diese bei sich lagerte und etwas traurig war, dass es das tolle Produkt bald nicht mehr geben würde.

In dieser Zeit hat meine damalige Arbeitskollegin Eli mir einen solchen Kerzenhalter geschenkt und gemeint: „Schau, der wird in einer sozialen Institution gemacht“. Schöne Produkte aus sozialen Institutionen interessierten mich seit meiner Zeit bei der Wohnrevue, als ich einen Artikel darüber schrieb. 

Ich rief bei dieser Familie an, ob ich 300 Stück für die Agentur bestellen könne, für alle Kunden, die haften geblieben sind. Dies war dann leider nicht mehr möglich...aber es war der Anfang von Fidea Design. 

Der MonoLux ging mir nicht mehr aus dem Kopf und so schrieb ich im Mai 2008 morgens um 2.23 Uhr eine Email an Frau Springer. Man traf sich in Winterthur und schon bald sass ich am Sitzungstisch der Stiftung Züriwerk und besprach das Projekt mit Jörg, Stefan und Albert. Drei wichtige Personen, welche heute noch für uns im Züriwerk Produkte umsetzen. Dank Mirjam Boutellier erhielt der MonoLux eine neue Verpackung. Dieser wurde noch als Prototyp von Pablo Faccinetto fotografiert.

Ach - es war unglaublich, so viele liebe Menschen haben einfach mitgeholfen, ohne Honorar, einfach mit viel Mit-Freude und Herzblut.

Die ersten Gehversuche - mit viel Elan, Herzblut und Unterstützung

Kaum war der erste MonoLux produziert, habe ich wohl jeden Shop abgeklappert, der diesen verkaufen könnte…und schon bald waren die ersten 1000 Stück weg. Gemeinsam mit meinem Bekannten Tim Häberlin besuchten wir die Blickfang in Zürich - er mit Betonmöbeln, ich mit meinem einen, kleinen, feinen Produkt. An keiner Messe habe ich mehr magnetische Kerzenhalter verkauft als im Dezember 2008!

Doch es sollte weitergehen. Gemeinsam mit der Stiftung Züriwerk haben wir weitere Produkte entwickelt  und diese an der Ornaris in Bern 2009 präsentiert. Wie gut erinnere ich mich, wie ich mit dem „Fiätli“ von Verena, der Partnerin von meinem Papa, alles nach Bern brachte. Meine Mama Margrit und meine gute Freundin Katrin halfen mir bei der Kundenbetreuung.

Es war einfach. Keine Minute habe ich gezweifelt. Dass einige Leute mich belächelten, hat mich weder gestört noch verunsichert - es gab nichts anderes.  

Immer mehr Kunden bezogen meine Produkte. Ich war so glücklich und voller Elan. Fast hätte ich in dieser Situation mein Studium geschmissen. Glücklichweise hatte ich die Kraft, um die Liz-Arbeit fertig zu schreiben und den Check abzuholen. Es war ein Kampf - doch wichtig fürs Ego.

Gelebt habe ich selbstverständlich noch lange nicht von Fidea Design. Anfänglich noch in der Agentur, danach bei einer Uhrenfirma konnte ich tolle Jobs ausführen und mich über Wasser halten.

Es war dieses Leben, damals noch in Zürich, ohne viel zu überlegen und von einem Tag zum nächsten. Und es öffneten sich Türen - es war einzigartig. In der Agentur durfte ich mit dem Starfotograf Alberto Venzago ein Projekt umsetzen, danach fotografierte er für mich die Produktion in der Stiftung Züriwerk, Ich hätte mir dies nie leisten können, Alberto machte es aus purer Freude.

Wieso nicht noch gleich ein zweites Baby in die Welt setzen?

Und so entstand auch DesignSchenken. Im September 2009 lernte ich in Paris (im Merci, damals noch sehr hip) Franz & Karin von der Designgalerie kennen. Sie erzählten mir von DesignSchenken in Wien, welches sie organisieren. Ich wiederum berichtete über Fidea Design. Es war klar, sie übernehmen den Vertrieb meiner Produkte in Österreich, ich übernehme die Idee von DesignSchenken.

Zuhause wusste ich: Der Event soll in Luzern stattfinden - Zürich war overdesigned und hatte bereits viele solcher Anlässe. Ich rief im Rathaus an, dieses war aber besetzt in der Adventszeit. Ich dachte: okay, dann halt doch nicht so kurzfristig etwas machen. Doch eine Woche später meldete sich die Stadt Luzern, die Ausstellung sei abgesagt worden, ich könne die Räume haben.

Klar, zwei Monate um eine Messe zu organisieren, ist ein sportlicher Zeitrahmen, aber mit der Unterstützung von der gesamten Familie und ganz vielen Freunden nahm ich die Herausforderung gerne an. Ich habe alle meine Bekannten aus der Designbranche "geprügelt", auszustellen. Mette von Skouhus & Bombelli hat die Grafik gemacht, Bruno von der APG organisierte kurzfristig eine Plakatkampagne, Walde & Partner war als Unterstützer der ersten Stunde mit dabei. Und dann fanden dies alle richtig toll. Es war klar, es braucht eine weitere Ausführung - DesignSchenken Luzern war geboren.

Hinfallen & aufstehen, querdenken & weitergehen

Fidea entwickelte sich langsam weiter. Ich schaltete auf Ronorp ein Inserat, dass ich einen Designer suche. Es meldeten sich so viele, dass ich entschied: Ich nehme die Produkte in Lizenz, produziere und vertreibe diese und werde zur Plattform für Schweizer Designer. 
Gute Idee, doch wir wurden zum Gemischtwarenladen. Konzeptlos nahm ich jedes mögliche Produkt rein - hauptsache ein Neues… Irgendwann war klar - so nicht. Es war auch naheliegend, dass die Schweizer Produktionspreise zu hoch sind, um im Ausland erfolgreich zu sein. Nach drei Versuchen, an der Ambiente in Frankfurt internationale Kunden zu finden, hatte ich den Beweis. Doch ich musste es versuchen - und wie ich es ausprobiert habe. Mit einem vollgepackten Büsli fuhren wir nach Frankfurt, schliefen in der letzten, billigsten Absteige (die hat uns immer noch ruiniert) und strahlten um die Wette. Wie stolz waren wir, vor Ort zu sein. Andrea - meine erste Teilzeitmitarbeiterin – und ich. 20% arbeitete sie für mich - damit ich 80% für eine Uhrenfirma arbeiten konnte… 

So ging es weiter, ich hatte ein kleines Büro im Zürcher Kreis 4 und dümpelte so vor mich hin. DesignSchenken wurde immer grösser und irgendwann sagte der Luzerner Wirtschaftsförderer es wäre wohl sinnvoll, wenn ich mein Büro in Luzern hätte. Da hatte er recht und ich konnte sehr spontan in das legendäre B16 ziehen. André Bachmann von Sphinx - heute Lichtteam - vermietete uns die Räume für einen super fairen Preis und gemeinsam bauten wir das B16 auf. Wir wussten - drei intensive Jahre können wir hier erleben, danach wird alles abgerissen. Wir bauten gemeinsam mit Partnern einen Eventraum rein und schafften einen neuen Begegnungsort für Luzern. 

In diesem Zusammenhang kam auch die Idee vom 9x9 auf. Ein weiteres Projekt, welches ich gemeinsam mit meiner langjährigen Freundin Simone sehr spontan begann. Wenn doch beide am 9.9. Geburtstag haben, ist es klar, dass man am 9.9. für je 9 Freunde 9 Gänge kocht… Gesagt, getan. Auch wenn die erste Ausgabe etwas chaotisch war, fanden es alle richtig toll und das Pop up Konzept 9x9 war geboren. Immer am 9. vom Monat kochte ein Störkoch 9 Gänge, gekostet hat der Spass 81 CHF (9x9) und bald einmal hatten wir das Haus so voll, dass wir Gäste im Fidea-Büro einquartieren mussten. 

Das Ende vom B16 kam immer näher, so auch die Angst von Simone und mir, dass es uns langweilig werden könnte. Und nach zahlreichen Abenden mit ganz vielen Gästen wollten wir unsere Erfahrung festhalten und weitergeben: Das Buch „Das 9x9 der Gastgeberei“ schrieben und gestalteten wir, resp. Daniela von Planet Luzern sowie Simone Vogel und Claudia Linsi, im Sommer 2015 in gut drei Monaten, Anaïs  vom Applausverlag brachte das Baby auf den Markt.

Ein grosser Schritt zum Erwachsenwerden

Fidea und DesignSchenken lief nebenher. Mit vielen Hochs und einigen Tiefs. Tolle Praktikantinnen haben mich begleitet, DesignSchenken wurde immer bekannter und die Produkte sah man inzwischen in einigen Geschäften. Doch irgendwie kam ich nie richtig vom Fleck. Ich arbeitete wie verrückt, Tag und Nacht, doch ich kam nicht wirklich weiter.

Der Versuch, eine Partnerin reinzunehmen scheiterte leider und ich war am Punkt – es war vor vier Jahren – als  ich sagen musste: Fertig. Ich kriege es nicht hin. Es reicht nicht. Ich bräuchte mehr Personal, keine Praktikantinnen mehr, welche nach sechs Monaten jeweils wieder gehen, sondern Leute, die Fidea langfristig mittragen. Simone von Rickenbach war damals eine Praktikantin und ich wusste, sie gebe ich nicht mehr her. Doch ich hatte keine Ahnung, wie ich dieses Wachstum finanzieren sollte. Was dann geschah mag märchenhaft klingen, ist es auch, doch einmal mehr kam die Lösung zum richtigen Zeitpunkt. Eine Kundin bot mir ihre Hilfe an. Sie war/ist begeistert von unserer Philosophie, hat meine Entwicklung beobachtet und hat gesehen, da braucht es nun etwas Schub. Diesen erhielt ich von ihr, und eine neue Ära begann. Ich konnte jemanden für die Administration und fürs Design einstellen und ich konnte Simone halten. 

Wir wurden ein Team und endlich hatten wir viel mehr Power. Ich musste mich nicht mehr um „langweilige“ administrative Themen kümmern, Romana konnte dies viel besser und Salome, unsere erste Designerin brachte eine Einheit in die Produktlinie. Dies war der Wendepunkt, den ich und Fidea einem der wundervollsten Menschen überhaupt verdanken.

Die Flegeljahre halten uns kreativ

Vor drei Jahren wurde das B16 dann abgerissen. Wir brauchten einen neuen Ort und wieder hatten wir das Glück einen Menschen zu treffen, der unsere Philosophie schätzte und seine Räume unseren Bedürfnissen anpasste. Gemeinsam mit Florian Bächler von Bächler-Sidler entstand das Bodoni, ein Eventraum neben unseren Büroräumen, welchen wir gemeinsam mit ihm betreiben.

Dank der Unterstützung von Thomas Bucher von H+B bzw. Novex, erhielten wir grossartige Möbel. Vorab hatten wir eine Mischung aus USM Erbstücken, Ikea und sonstigem Gesammelten. Jetzt sieht unser Büro super stylisch aus. Es mag lächerlich klingen, doch dies zeigte Wirkung. Fidea hatte eine andere Ausstrahlung. Langsam wurden wir erwachsen. Dies war gerade für Kundengeschenke-Kunden, bzw. Beratungsmandate wichtig. So durften wir das Landesmuseum Zürich bei der Umsetzung der neuen Boutique begleiten oder Chocolat Halba (Schoggifirma von Coop) konzeptionell bei der Umsetzung ihres Schoggihüsli unterstützen. 

Sie fragen sich, was dies mit Fidea zu tun hat. Ja, dies frage ich mich manchmal auch. Und die Antwort ist klar: Wir machen Produkte, Events und Projekte, welche mit Design, Retail und Ideen zu tun haben. Wir sind (noch) keine klassische Agentur, doch wir werden immer wieder für ganz spezielle Themen angefragt. Dort, wo unser Wissen und jenes von unseren Partnern zusammenkommt und eine Nische besetzt, die sonst nur schwer zu füllen ist. Diese Projekte nehmen wir an.

So bauten wir auch den Workshop „Fertig gebastelt“ für das Institut für Arbeitsagogik auf. Wir arbeiten seit eben zehn Jahren mit Institutionen zusammen und ja, viele „basteln“ um ihre Klienten zu beschäftigen. Dies muss nicht sein. Aus einem Workshop entstand ein breites Angebot an Beratung, welches mit der Organisation der Tagung „Fertig gebastelt“ abgerundet wird. Heute melden sich immer mehr soziale Institutionen, welche ihre Produkte-Welt professioneller gestalten möchten. Wir helfen dabei. Und klar kommt immer die Frage: Baut ihr so nicht eure Konkurrenz auf? Doch. Aber wer weiss, was Fidea in zehn Jahren macht und wie sich der Markt entwickelt? Wir haben in den letzten 10 Jahren die Erfahrung gemacht, dass ein starkes Netzwerk immer wichtiger ist als die Angst vor Konkurrenz.

Reife, Erkenntnisse & ein «Müh» Gelassenheit

Ich könnte euch noch viele Geschichten erzählen. Doch da dieser Newsletter bereits Romanform annimmt, möchte ich mich auf meine Herz-Geschichte konzentrieren, welche mich täglich beglückt. Jene von Habakuk. 
Ich lernte Kurt Habermacher durch Ruth Zust in der Papeterie Linsi kennen. Haba kam in jungen Jahren auf die schiefe Bahn, Drogen und psychische Probleme begleiteten ihn. Und doch ist er ein wahrer Wortphilosoph! Seit zwei Jahren kommt er täglich zu uns ins Büro und schreibt seine Sprüche von Hand auf Karten. Er sagt oft, er sei mein Schreib-Sklave. Doch er schrieb mir an Weihnachten einen langen Brief und meinte, dieser Job sei das Beste, was ihm je passiert sei. Er sei stabil, hätte Freude, genügend Geld, eine Struktur und er fühle sich zu Hause im Team von Fidea. Ich hatte Tränen in den Augen, als ich seine Worte las.

Diese Geschichte erzählen wir unseren Kunden gerne weiter, diese erzählen sie wieder ihren Kunden und so hat Haba inzwischen Kultstatus. Wir müssen immer wieder schauen, dass wir die Geschichte nicht zu stark vermarkten - es ist eine Gratwanderung, doch seine Gesundheit geht vor. Und immer wenn uns die Arbeit fehlt, entwickeln wir neue Produkte für Ihn. Egal ob noch tausende von Karten an Lager liegen - wichtig ist, dass er jeden Morgen kommen kann und weiss, er hat etwas zu tun und ist Teil der Gesellschaft. 

Ihr seht, es geht nicht immer um finanziellen Gewinn. Es sind solche Herz-Geschichten, die mich jeden Morgen motivieren. Und es sind genau diese Zusammenspiele, welche Fidea ausmachen und dazu führen, dass immer mehr Kunden unsere Produkte kaufen. Dies ist nötig, denn inzwischen habe ich sechs Personen auf meiner Lohnliste und immer noch viele schlaflose Nächte, wenn wir wieder gross produzieren müssen und nicht wissen, wie das Weihnachtsgeschäft laufen wird. Doch ich habe immer mehr Vertrauen erhalten, dass es doch funktionieren wird. Irgendwie geht es immer. Dies habe ich in den letzten 10 Jahren gelernt.
Und, dass wir auf unser Herz hören dürfen und Entscheidungen so treffen können.

Wie viele haben gezweifelt, als wir sagten: „DesignSchenken ziehe in die Viscosistadt“? Doch solche mutigen Schritte bringen uns immer wieder weiter. Der Wille für Veränderung und die Motivation, weiter zu denken, als der Durchschnitt. Meine Mitarbeiterinnen wissen genau, Franziska kommt wieder und sagt: Wo ist der Twist, wo ist dieses „Müh“ mehr, wo ist dieses Extra… Und obwohl sie innerlich wohl oft die Augen verdrehen, wissen wir alle, dass wir nur dank dieser Extra-Meile auch die nächsten zehn Jahre überleben können.